Teufel und Göttin

Luzifer und das Ego

Das Ego ist eine astrale* Wesenheit, das wie ein Besetzer, ein Usurpator, in den Astralleib eingedrungen ist und da alles einfärbt und entstellt, was für ein gesundes Zusammenwirken aller Wesensglieder notwendig ist. Ohne diesen fremden Eindringling wäre uns allerdings das Glück der Freiheit nicht zuteil geworden. Dass es ein Glück ist, verdanken wir wiederum anderen Wesenheiten in unserem Astralleib*, welche die Wirkung des Luzifer ausgleichen.

In unserem Astralleib tummeln sich also verschiedene Wesenheiten, die durch unser Ich in einen Ausgleich gebracht werden müssen. Das Ego ist eine Imitation des Ich im Astralleib, nicht die wahre Substanz unserer einzigartigen Identität. Luzifer ist der eigenmächtige, aus dem Gesetz austreten wollende Geist des Kosmos, der Karma bewirkt. Karma beginnt erst mit Luzifer. Ein eigenes Gesetz ist entstanden, das mit der kosmischen Harmonie in Widerstreit geraten möchte. Die kosmische Harmonie selbst aber sieht nicht vor, dass irgend etwas austritt und für immer in Disharmonie, d.h. im Leiden bleibt. Deshalb sind noch andere kosmische Geister als Luzifer in das Wirken von Karma eingedrungen und lenken es, dass es zur Wiedergutmachung führt und uns durch gerechten Ausgleich wieder in die kosmische Harmonie zurückführt.

Das, was unser Leben erschwert, ist also zuerst die egoistische Wesenheit Luzifer und dann ebenfalls die so genannten „guten“ Geister, die das Leiden wieder zu etwas Sinnvollem machen. Sie fordern uns allerdings Opfermut ab, d.h. die Bereitschaft zu leiden, um abzubüßen, zu tilgen und zu heilen. An der Sinnhaftigkeit erkennen wir den spezifischen Geist, der uns im Leiden begegnet.

Liebe, wie wir sie kennen, begehren und praktizieren, führt uns immer wieder zu diesem Leiden. Liebe ist von jener Wiedergutmachung gelenkt, die zur Quelle des Unglücks zurückführt, um von dort aus nun den heilsamen Weg zu beschreiten. Deshalb werden wir durch die Liebe immer wieder abgrundtief erschüttert, enttäuscht und betrogen.

Beinahe jeder Mensch strebt zur Liebe. Was er allerdings nicht weiß ist, dass er sich dadurch in die Hölle begibt. Die Hölle ist das Sammelsurium aller egoistischen Taten und ihrer karmischen Wirkungen. Niemand kann ihr entgehen, der sich auf die Liebe einlässt. Was oftmals so unglaublich romantisch beginnt, führt schnurstracks in die Hölle. Allerdings bleibt es nicht bei der Hölle. Die Liebe ist ja auch jenes göttliche Instrumentarium, das die Hölle verwandelt in ein neues Paradies. Das „alte“ Paradies haben wir verlassen, um etwas zu gewinnen: unsere Freiheit. Ins „neue“ Paradies treten wir als freie Wesen wieder ein. Das neue ist kein anderes als das alte. Die Freiheit hat uns so viel Leid gebracht. Die Freiheit brauchen wir wiederum, um ins Paradies zurückzukehren.

Denken bietet keine Glückseligkeit. Es dient lediglich der Klärung, der Reinigung von falschen Überzeugungen. Es selbst ist noch leer jeden Inhalts. Der Inhalt, Ananda oder die göttliche Glückseligkeit, kommt erst durch die vakuumartige Sogwirkung, die die Freisetzung von falscher Gebundenheit entsteht. Ananda ist die Umkehrung jenes höllischen Begehrens der luziferischen Eigensucht, das uns die ganze Zeit blockiert hält.

Was ich hier in trockenen Worten beschreibe, kann ebenfalls eine Sogwirkung erzeugen, indem es falsche Überzeugungen auflöst. Es kann keinen Glück bringenden Ersatz bieten. Es ist zunächst nur Leere. An diese Leere müssen wir uns gewöhnen. Wir müssen sie aushalten lernen. Das bedeutet in der Praxis, dass wir oft und oft nicht handeln dürfen, sondern stillhalten müssen. Da dies nicht einfach ist, weil wir es nicht gewohnt sind, empfinden wir es als schwierig. Schwierig ist indes das Brechen der alten Gewohnheit. Wir können es auch Versagung nennen, oder Entbehrung. Das Stillhalten an sich ist nicht schwierig. Es ist in unserer Erfahrung ein Schonraum, ein Raum der Regeneration. Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Wir wissen überhaupt nichts. Diese Nichtwissen müssen wir aushalten.

In der Regel pfuschen wir in die Stille des Nichtwissens hinein. Wir werden ungeduldig und handeln. Oder wir werden depressiv und beklagen uns. Wir reagieren anstatt ruhig zu bleiben. Unser Leiden wird so scheinbar unendlich fortgesetzt. Es gibt keine Lösung. Wir neigen zur Verzweiflung, zur Selbstaufgabe, zur Zerstörung, zum Hass. Das Potenzial der Kraft drängt mit unheimlicher Macht zum Handeln, aber genau das versagen wir uns. Was dabei entsteht, wenn wir es erschöpft haben, ist der Sog: Der Sog oder Segen, der in Wirklichkeit das Sein erfüllt. Wir nennen ihn Glückseligkeit.

Noch aber ist es nicht fühlbar, nicht konkret, nicht präsent. Latent ist es, können wir sagen. Oder: Wir ahnen es. Wir denken es „bloß“. Wir wissen schon davon, bevor es spürbar wird. Nun müssen wir auch da durch das Nichtwissen hindurch. Das Wissen verschwindet wieder und jetzt neigen wir zur extremen Verzweiflung. Denn nun schwindet auch noch die Hoffnung. Wir sterben. Wenn wir nicht sterben können, sehnen wir uns nach dem Sterben. Wir sind dem Suizid nahe. „Komm, süßer Tod!“ Wir können den Tod nicht erwarten und werden wieder ungeduldig, reagieren und verpfuschen alles. Obwohl wir allem ein Ende setzen wollen, um endlich erlöst zu sein, fordert das Leben von uns wieder ein Nicht-Handeln. Selbst das, was wir am meisten ersehen: unsere Erlösung, können wir nicht erhandeln. Wir müssen stillhalten und erst im Nachhinein feststellen, ob auch der physische Körper gestorben ist oder ob „nur“ der Fremdling und Verderber in unserem Astralleib seinen Rückzug angetreten hat.

Das Gesetz des Lebens ist das von göttlichem Wirken durchdrungene Karma des Menschen. Luzifer und andere Götter durchdringen es. Das Gesetz des Lebens beugt mich nicht, knechtet mich nicht, unterdrückt mich nicht. Wenn ich sage, ich beuge mich dem Gesetz des Lebens, so wie ich mich dem Tod beuge und dem Unausweichlichen, habe ich dennoch nicht das Gefühl von Unrecht oder Boshaftigkeit, die mir angetan werden. Noch habe ich das Gefühl, dass es genau nach meinem Willen erfolgt. Ich weiß nicht, was es ist. Es ist nicht mein Wille, aber es ist auch kein Fremdwille. Ich füge mich ohne Murren in dieses Gesetz, weil es mich frei macht. Es reinigt mich von den Schlacken des unglückseligen Egoismus, aber es raubt mir nicht mein wahres Wesen. Es nimmt mir nicht mein Ich. Ich und das Gesetz sind eins. Sobald ich das Gesetz weder als mir angenehm noch als mir unangenehm wahrnehme und mich ihm öffne, weiß ich, dass ich in der Wahrheit lebe, die mich frei macht. Ein Gesetz, das frei macht? Wo gibt es so etwas auf Erden? Üblicherweise widersprechen sich Gesetz und Freiheit. Nun aber erlebe ich eine befreiende Reinigung, die mich zu mir selbst führt und mich mir schenkt. Es ist unbegreiflich aber wahr.

Der fremde Eindringling hat sich zurückgezogen, hat aber sein Geschenk hinterlassen: die Freiheit. Die Eigenmacht. Nun beginnt ein neues Wirken mit dieser vom Egoismus befreiten Eigenmacht. Das ist es, was wir so unsäglich begehren, wenn wir frei sein wollen.

*Der Astralleib wird auch als Emotionalkörper bezeichnet. Er ist jene kosmische Sternenheimat, die uns das Geschenk der Empfindsamkeit, des Spürens, des Fühlens, der Sinneswahrnehmungen und der Beweglichkeit gemacht hat. Er ist ebenso zur Reflexion fähig und zur Selbstabgrenzung.